(c) W. Tischer, literaturcafe.de

Er war viele Jahre leitender Lektor, kennt die deutsche Buchbranche wie nur wenige und ist der Entdecker von Wolfgang Herrndorf, der kürzlich für seinen Roman „Sand“ den Preis der Leipziger Buhmesse erhalten hat. Uwe Heldt, Literaturagent bei Mohrbooks spricht über den Unterschied zwischen deutschen und amerikanischen Agenturen, welche Texte er aus dem Stapel zieht und dass gute Literatur unabhängig vom Thema funktioniert.


Du hast mit Wolfgang Herrndorf einen großen Erfolg gehabt, Bestsellerliste mit „Tschick“ und Preis der Leipziger Buchmesse mit „Sand“ – wie oft passiert einem so was als Literaturagent?
Leider viel zu selten. Das ist eine Ausnahme und da freut man sich dann natürlich besonders drüber. Könnte viel öfter passieren (lacht), aber alle paar Jahre muss es dann schon sein.

Funktioniert das wie bei Verlagen mit der Querfinanzierung? Ein Erfolg ermöglicht andere Debüts?
Wenn man ein Buch im Rennen hat, was einen gut finanziert, kann ich etwas mutiger sein und schwierigere Debütanten auf die Liste nehmen. Aber ich muss ehrlich sagen, ich rechne nicht so genau – es gibt eine gewisse Basis von Einnahmen aus der Backlist und von bestimmten Autoren. Neue Bücher nehme ich, wenn die Bücher gut sind, und sie mir Spaß machen und mir die Autoren angenehm sind.

Wie kommst du an neue Autoren? Ziehst du auch welche aus dem Stapel der unverlangt Eingesandten oder wirst du selbst aktiv?
Ja, es gibt immer wieder Autoren, die ich aus den Einsendungen rausziehe, das mache ich mit einer gewissen Regelmäßigkeit. Aber am liebsten ist es mir eigentlich, wenn mir Autoren von anderen Autoren empfohlen werden, dann habe ich schon eine Ahnung, in welche Richtung die Texte laufen. Ich gehe nur selten selbst aktiv auf Autoren zu, das können andere besser.

Wenn man sich die Entwicklung in Amerika ansieht – auch durch die Digitalisierung –, werden die Agenturen immer mächtiger, weil die Verlage und der klassische Buchhandel schwächer werden, siehst du diese Entwicklung in Deutschland auch?
Die Macht der Agenturen ist eine zweischneidige Sache, weil irgendwann die Digitalisierung die Folge haben kann, dass Autoren ihre Deals direkt mit den Großen machen, und tatsächlich nur noch Google und Amazon als Verleger von E-Books übrig bleiben. Aber nach wie vor gibt es viele Gründe, sich von einem Agenten beraten und betreuen zu lassen, auch, was die Inhalte betrifft, mit ihm ins Gespräch zu kommen. Dass wir mehr Macht haben, sehe ich nicht. Wir sind in unserer Rolle ein Teil des alten Systems, das von Print und von Verlagen ausgeht. Es ist mir auch wichtig, dass das weiterbesteht, weil Verlage eine Qualitätsplattform sind. Sachbücher kann ich im Internet über Stichwörter suchen und finden, aber wie finde ich einen Roman?

Was man in anderen Branchen sieht, und ebenfalls in den USA, ist die Aufsplittung der Rechte in ihre Einzelteile, also Print, E-Book, App, Hörbuch, Ausland usw., während in Deutschland noch die Tendenz vorherrscht, dass ein Verlag alle Rechte bekommt und sie von dort verteilt werden. Bleibt der Verlag der Rechteverwalter?
Der Unterschied liegt darin, dass englische Rechte einen ganz anderen Wert repräsentieren und von daher hat es für amerikanische Agenturen schon immer Sinn gemacht, dass sie die Auslandsrechte nicht weggeben. Mit deutschen Rechten tut man sich schwer im Ausland, das ist eine sehr mühselige Arbeit. Einige von uns haben es mal versucht, aber wir haben es eigentlich alle eingestellt, weil es ein wahnsinniger Aufwand ist. Und man will ja für den Autor die möglichst beste Vertretung seiner Rechte, und die Lizenzfrauen in den Verlagen laufen selbst zu den finnischen Verlagen und zu den Koreanern, das kann eine Agentur gar nicht leisten.

Wenn du sagst, du ziehst immer mal wieder Debüts aus dem Stapel, was muss das Exposé/das Projekt für dich haben, wann wirst du aufmerksam?
Ganz banal kann man es auf den Punkt bringen: Es muss entweder gut sein oder gut verkäuflich sein; allzu selten fällt das auch mal zusammen. Es muss ein Text sein, der mich anspricht, der mir Spaß macht, wo ich das Gefühl habe, das macht mir Freude, das zu vertreten. Es geht nicht gut, wenn es zwar verkäuflich ist, aber ich stehe nicht dahinter, da bin ich nicht glaubwürdig, und das sehen mir die Lektoren sofort an.

Was gefällt dir persönlich? Kannst du das eingrenzen?
Schwer zu sagen, natürlich ist die Sprache für mich immer etwas sehr Wichtiges, ich mag Bücher, die opulent erzählen, die mir wenig zu erklären versuchen, sondern mir eine neue Erfahrung ermöglichen.

Keine speziellen Themen?
Nein, Themen sowieso nicht, es gibt Leute, die können über eine Klorolle einen fantastischen Roman schreiben. (lacht)

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