Drei Fragen an: Literaturagentin Silke Weniger, München

Frau Weniger, am 1. Juni beginnt in Andechs die narrativa 2. Ihre Kollegin Gerlinde Moorkamp wird auf der Veranstaltung dabei sein und eine der Pitching-Sessions leiten. Sie selbst sind bereits seit vielen Jahren als Agentin erfolgreich. Wie gehen Sie mit Pitches um? Sehen Sie gleich, ob ein Buch Potenzial hat bzw. ob ein Autor schreiben kann?
Manchmal ja, manchmal nein. Das Anschreiben verrät bereits, ob AutorInnen in der Lage sind, sich angemessen auszudrücken. Wir erhalten häufig ausufernde Bewerbungen, die bereits im Anschreiben zu viel verraten. Das andere Extrem sind E-Mail-Bewerbungen, die uns nicht mit Namen sondern mit „Hallo“ oder „Guten Tag“ ansprechen. Diese zeigen, dass Autoren sich nicht die Mühe gemacht haben, die Kontaktinfos auf unserer Website zu recherchieren oder dass sie eine Rundmail an mehrere Agenturen senden.
Wir werden neugierig, wenn jemand sein Erzähltalent in einer Leseprobe zum Ausdruck bringt und in der Lage ist, ein Exposé zu erstellen, das zeigt, dass dem Stoff eine Struktur zugrunde liegt. Potenzial versteckt sich oft zwischen den Zeilen und ist nicht immer leicht zu erkennen.

Rainer Moritz eröffnet die narrativa mit einem Vortrag über die „Tendenzen gegenwärtigen Erzählens“, was auch das Leitthema der Veranstaltung ist. Welche Entwicklungen beobachten Sie? Gibt es Themen oder Formen, die dominieren, und andere, die dagegen an Bedeutung verlieren?
Wir beobachten, dass das autobiographische Schreiben, das viele Jahre lang die junge Literatur dominiert hat, zurückgeht. Im Erwachsenenbereich gibt es in der Belletristik einen Trend zu großen Familiengeschichten. Krimi boomt nach wie vor. Und im Jugendbuch sind realistisch anmutende Stoffe mit fantastischen Elementen immer noch erfolgreich.

Auf der narrativa werden nicht nur etablierte SchriftstellerInnen vertreten sei, sondern auch angehende AutorInnen, die ihre Texte in den Pitching-Sessions auch Ihrer Kollegin Gerlinde Moorkamp vorstellen werden. Wie viel Arbeit ist es heute für Sie, einen unbekannten Autor, eine unbekannte Autorin aufzubauen und in einem Verlag unterzubringen? Hat sich dieser Prozess in den vergangenen Jahren verändert, beispielsweise durch die Verbreitung von Selfpublishing über E-Books und Print-on-Demand?
Eine große Frage für einen kleinen Fragebogen. Es ist fast immer jahrelange Arbeit, unbekannte AutorInnen aufzubauen. Man muss Rückschläge einstecken können und darf nicht aufhören, an Talente zu glauben.
Durch Selfpublishing hat eine beeindruckende Professionalisierung bei AutorInnen stattgefunden. Wir bewerten das positiv, denn ehrgeizige Selfpublisher wenden sich nach den ersten Erfolgen gerne an uns, um einen etablierten Verlag zu finden.

http://www.litag.de/
 

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