Schreiben ist der rote Faden
Die Autorin und Podcasterin Anja Goerz im Gespräch
Podcast-Macherin Anja Goerz über Sketch-Schreiber, Romanautorinnen, die große Freiheit und das liebe Geld.
Anja Goerz, Sie sind Journalistin, Moderatorin, Autorin – und sprechen in Ihrem Podcast mit Menschen, die schreiben. Wie ist die Idee für „Die Schreibenden“ entstanden?
Für Radio Bremen mache ich schon seit Längerem die Sendung „Gesprächszeit“. Da spreche ich eine Stunde lang mit meinen Gästen, interessanten Menschen aus allen möglichen Bereichen. Ich habe festgestellt, dass die Resonanz auf Gespräche mit Autorinnen und Autoren immer außergewöhnlich ist, vor allem wenn es um Fragen rund ums Schreiben geht. Ich habe mir gedacht, es wäre schön, das etwas ausführlicher und hintergründiger zu machen. Podcast ist dafür genau das richtige Medium: Ich bin nicht zeitlich begrenzt und das Gespräch wird nicht, wie im Radio, durch Musik unterbrochen.
Ihre Interviewpartner kommen aus ganz unterschiedlichen Bereichen: Roman, Krimi, Songs, Comic, Drehbuch.
Ja, diese Vielfalt ist mir wichtig. Darum habe ich den Podcast auch „Die Schreibenden“ genannt. Ich denke, das Schreiben ist der rote Faden, der alle verbindet. Es ist egal, ob jemand Songs schreibt, lange Familienromane, historische Romane oder Sketche für Ernie und Bert. Allen ist gemeinsam, dass sie sich ausdrücken.
Wie wählen Sie Ihre Gesprächspartner aus?
Das ist ganz unterschiedlich. Inzwischen kommen schon Verlage auf mich zu und schlagen mir Autoren für den Podcast vor. Ich schaue nicht nur, was die Autoren geschrieben haben, sondern auch wie die schreiben und was sie sonst noch machen. Martin Paas zum Beispiel, mit dem ich aktuell ein Interview geführt habe, spielt den Ernie in der Sesamstraße und schreibt auch die Texte dafür. Sowas finde ich spannend. Ich versuche, die Auswahl möglichst abwechslungsreich zu gestalten. Mal habe ich 'ne Kinderbuchautorin, mal jemanden, der historisch schreibt. So kann ich zum Beispiel auf die unterschiedlichen Möglichkeiten der Recherche eingehen. Wenn die Zeit knapp ist, frage ich auch schon mal jemanden, der in der Nähe wohnt oder mit dem ich befreundet bin.
Was interessiert Sie an schreibenden Menschen?
Allein die Tatsache, dass jemand sagt „ich schreibe“, aber nicht: „ich bin Autorin“ oder „ich bin Schriftstellerin“ finde ich faszinierend. Mich interessiert, was die Leute antreibt und wie sie schreiben. In den Gesprächen lerne ich auch viel für mein eigenes Schreiben, über Strukturen zum Beispiel, über die Namensgebung der Figuren, über den Plotaufbau. Jede Autorin und jeder Autor hat eine eigene Art zu arbeiten. Da muss jeder selbst seinen Weg finden, das kann man nicht aus Büchern lernen.
Wer hört Ihren Podcast?
Zum Teil sind das Leute aus der Buchbranche, beispielsweise Buchhändlerinnen, Autorinnen und Autoren. Viele meiner Hörer lesen auch einfach gern und wollen mehr darüber erfahren, wie ihre Lieblingsbücher entstanden sind.
„Die Schreibenden“ ist werbefrei, und die Interviews sind kostenlos zugänglich. Wie finanzieren Sie das?
Im Moment finanziere ich den Podcast aus eigener Tasche, einfach weil ich diese Interviews führen möchte. Geld damit zu verdienen, daran habe ich ehrlich gesagt nie gedacht. Aber es wäre schön, wenn der Podcast sich irgendwann trägt, ich Fahrtkosten und Equipment nicht mehr aus eigener Tasche bezahlen müsste. Auf meiner Seite gibt es die Möglichkeit, über PayPal oder Steady für den Podcast zu spenden. Bisher reichen die Einnahmen gerade mal für eine Tasse Kaffee ab und zu im Café. Es wäre schön, wenn der ein- oder andere, dem mein Podcast gefällt, auch etwas spenden würde.
Viele Radiosendungen über Literatur und Autoren gibt es inzwischen als Podcast zum Streamen und Herunterladen. – Sehen Sie das als Konkurrenz?
Überhaupt nicht! Das ist etwas vollkommen anderes, weil ich mich nach niemandem richten muss. Auch wenn ich bei Radio Bremen sehr große Freiheiten habe, gibt es immer so etwas wie „Sender-Outfits“. Die Art der Ansprache und die Gesprächspartner müssen ins Programm passen. Mit meinem Podcast muss ich mich nicht anpassen. Ich kann vollkommen frei entscheiden, ob mein Podcast 25 oder 45 Minuten lang ist, ich zum Beispiel eine zusätzliche Rubrik mit reinnehme. Oder ob ich einen zweisprachigen Podcast auf Spanisch und Deutsch machen will, wie in dem Gespräch mit Dolores Redondo.
Podcasts liegen im Trend. Steigt auch die Zahl der Podcasts über Autoren und Literatur?
Seit ich Anfang des Jahres mit „Die Schreibenden“ begonnen habe, sind einige neue Podcasts über Literatur dazugekommen. – Und es gibt inzwischen viele tolle! Unbedingt empfehlen kann ich „sexy und bodenständig“ von Till Raether und Alena Schröder. Die beiden sind sehr nah dran am Schreiben und den Gedanken, die man sich als Autorin oder Autor macht. Auch einige Verlage haben tolle Podcasts, beispielsweise der Carl Hanser Verlag. In „Hanser Rauschen“ gibt es alle 14 Tage sehr schöne und ausführliche Gespräche mit Autoren und Autorinnen. In „Long Story Short“, einer Kooperation mit Random House, pitchen Karla Paul und Günter Keil ihre Lieblingsbücher. Das ist ganz schön, wenn man mal neue Lesetipps braucht.
Das könnte Sie auch interessieren
Alle ansehenKeine Artikel gefunden.
Bitte versuchen Sie es mit anderen Suchkriterien.