Schreiben ist für mich Intuition und Kontrolle
Die Bestsellerautorin Bettina Brömme im Gespräch
Bettina Brömme ist Lektorin bei der Textmanufaktur und erfolgreiche Genre-Autorin – von Krimi bis Frauenunterhaltung. Im Interview verrät die Autorin, warum ihr das Schreiben von lockerleichten Romanen so viel Spaß macht, was das Wichtigste dabei ist und wie die Idee zu ihrer aktuellen Trilogie »Zeit der Schwestern« entstand.
Bettina Brömme, diesen Sommer ist Band von »Zeit der Schwestern« bei Lübbe erschienen. Dort schreiben Sie unter dem Pseudonym Tanja Huthmacher. Wie sind Sie auf die Idee zu der Trilogie gekommen?
Meine Lektorin hat mich gefragt, ob ich einen Feel-Good-Roman für Frauen um die 40 zum Themenbereich Familie schreiben will. Mir kam zuerst die Idee für ein Setting: Der Bodensee als Schauplatz gefiel auch meiner Lektorin sofort. Ich habe dann vorgeschlagen, über drei Schwestern zu schreiben, in drei Bänden. Dass der Verlag zugestimmt hat und ich gleich einen Vertrag für drei Bücher bekommen habe, war natürlich toll. Das ist nicht unbedingt üblich. Allerdings habe ich auch viele Jahre Erfahrung und habe inzwischen rund 25 Bücher veröffentlicht: Jugendbücher, Krimis, Hörbücher – und bei Lübbe zuvor schon einen Roman im Feel-Good-Bereich.
Wie ist die Handlung entstanden?
Es braucht immer einen Funken, an dem sich die Geschichte entzündet. In »Zeit der Schwestern« ist das der 70. Geburtstag der Mutter, als diese dem Vater praktisch aus Versehen ihr Verhältnis mit seinem jüngeren Konkurrenten offenbart. Die Trennung der Eltern bringt für die Schwestern viel in Bewegung und lässt grundsätzliche Fragen aufkommen. Bevor ich mit dem Schreiben beginne, mache ich mir Gedanken über die Figuren. Die drei Schwestern habe ich kontrastiv zueinander entwickelt, jede hat in der Familie eine andere Rolle.
Haben Sie alle drei Bücher geplottet, bevor Sie mit dem ersten angefangen haben?
Ja, jedenfalls den groben Handlungsverlauf – und auch die Figuren kannte ich schon recht gut. Die Feinheiten kommen dann beim Schreiben. Bei manchen Ideen weiß ich zu Beginn noch nicht genau, wo sie hinpassen. Aber ich habe inzwischen das Vertrauen, einen guten Platz dafür zu finden.
Hat es beim Plotten auch irgendwo geknirscht, zum Beispiel, weil die Anschlüsse zum nächsten Band nicht passten?
Nein, zum Glück nicht. Die Produktionszeit war auch sehr knapp. Ich habe im Februar 2023 mit dem ersten Band angefangen und im Januar 2024 schon den dritten Band abgegeben. Das war echt ein Ritt über den Bodensee! Überarbeiten und Schreiben der drei Bände liefen teilweise parallel. So konnte ich Kleinigkeiten noch problemlos ändern, zum Beispiel Namen anpassen.
Dann wissen Sie also vorher schon genau, was in Ihren Romanen passiert?
Wenn ich Krimis schreibe, ist das tatsächlich so. Da geht es vor allem um den Plot, um falsche Fährten und Verdächtige, und ich plane die Kapitel sehr genau durch. Bei figurenorientierten Geschichten wie „Zeit der Schwestern“ ist das etwas anders. Ich finde es hier fast unmöglich, vorher schon alles im Kopf zu haben. Man begibt sich ja erst im Moment des Schreibens in die Szene hinein und merkt, welche konkreten Handlungsmöglichkeiten die Figuren haben.
Genreliteratur orientiert sich stark an bestimmten Leseerwartungen. Schränken Sie die Vorgaben beim Schreiben ein?
Ich empfinde das Schreiben im Genrebereich immer als eine Mischung aus Intuition und Kontrolle. Natürlich gibt es bestimmte Einschränkungen: In einem Feel-Good-Roman geht es nicht um menschliche Abgründe oder tödliche Krankheiten. Auch gesellschaftliche Krisen oder Kriege werden ausgespart. Trotzdem ist das keine heile Welt, die ich beschreibe. Es gibt durchaus Konflikte, aber sie werden auch wieder gelöst. Denn im Wohlfühl-Genre steht ja die Unterhaltung an erster Stelle. Die Leserinnen wollen den eigenen Alltag hinter sich lassen, für den Moment alles um sich herum vergessen.
Aber neben der Kontrolle und den Vorgaben brauche ich beim Schreiben natürlich auch meine Intuition. Ich muss darauf vertrauen können, dass mir immer wieder etwas Gutes einfällt, eine spannende Wendung oder eine überraschende, aber stimmige Reaktion meiner Figur. Es ist mir wichtig, die Figuren möglichst authentisch zu gestalten und ihnen eine gewisse Tiefe zu geben. Dass sich die Geschichte trotzdem luftig und lockerleicht liest, ist schon herausfordernd und macht auch ein bisschen Arbeit.
Die Bezeichnung Frauenroman wird manchmal eher abfällig verwendet. Wie nehmen Sie das Genre wahr?
Ich kann hier Ideen aus der Mitte des Lebens entwickeln, das gefällt mir. Es gibt so wahnsinnig viele Arten von Frauenleben. Ich mag es, verschiedene Lebensentwürfe zu zeigen und authentische Frauen zu zeichnen, die selbst herausfinden, was sie wollen und auch immer eine große Stärke besitzen.
Ihr nächster Roman ist bereits in Vorbereitung. Wie finden Sie neue Themen?
Oft sind es Geschichten, die Freundinnen oder Bekannte erzählen und die mich auf Ideen bringen. Da frage ich dann sofort: Darf ich das verwenden? Und ich schaue auch: Was möchte ich feiern? Zusammenhalt oder Gemeinschaftssinn, den Mut, etwas Neues auszuprobieren oder Dinge in Frage zu stellen – das finde ich spannend.
Sie sind auch Lektorin beim Fernstudium der Textmanufaktur. Was raten Sie Debütautorinnen und -autoren, die Feel-Good-Romane schreiben wollen?
Unabhängig vom Genre sind erstmal zwei Dinge wichtig: viel lesen und viel schreiben. Außerdem empfehle ich, zunächst in die Vorarbeit zu investieren, sich mit dem Plot und besonders mit den Figuren intensiv zu beschäftigen. Wenn ich mehr über eine Figur weiß, gibt ihr das Tiefe und hat auch Konsequenzen für ihr Handeln. Statt gleich draufloszuschreiben und nach 50 Seiten aufzugeben, weil man ins Stocken gerät, würde ich die Idee bis zum Ende durchdenken. Und man sollte sich klar darüber sein, dass man für einen Roman nicht nur eine Idee braucht, sondern viele: Auf jeder Seite, in jedem neuen Dialog.
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