Schreibt, was ihr schreiben wollt
Die Bestsellerautorin Elena Fischer im Gespräch
Die Autorin Elena Fischer ist überzeugt davon, dass es beim Schreiben genau darum geht: ums Schreiben selbst. Im Interview erzählt sie, was auf dem Weg zu ihrem gefeierten Debüt wichtig war und wie ihr Buch entstanden ist.
Elena Fischer, Ihr erster Roman ist aktuell bei Diogenes erschienen und steht auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis. Kein schlechter Start für ein Debüt! Wie ist der Kontakt zm Diogenes-Verlag entstanden?
Ein Meilenstein war sicher, dass ich 2021 beim »Open Mike« in Berlin aus meinem Manuskript gelesen habe. Das war zu diesem Zeitpunkt schon zu zwei Dritteln fertig. Danach sind einige Agenturen auf mich zugekommen. Ich habe mich für Copywrite in Frankfurt entschieden, habe „Paradise Garden“ zu Ende geschrieben und gemeinsam mit meiner Agentin noch ein bisschen an der Dramaturgie gefeilt, vor allem am Romananfang. Als ich fertig war, hat sie das Manuskript an 20 große Publikumsverlage geschickt. Und was dann passierte, ist ein kleines Wunder: Sechs Verlage wollten das Manuskript einkaufen. Am Ende habe ich mich für Diogenes entschieden.
In Ihrem Buch geht es um ein 14-jähriges Mädchen, das in einer Hochhaussiedlung aufwächst und sich auf die Suche nach seinem unbekannten Vater macht. Wie sind Sie auf das Thema gekommen?
Es waren viele verschiedene Impulse aus unterschiedlichen Richtungen. Anfangs wollte ich eine Vater-Tochter-Geschichte schreiben, aber dann hat Billie immer mehr Raum eingenommen und plötzlich fand ich es spannend, sie ihren Vater suchen zu lassen. Dadurch wurde die Mutter sehr wichtig und auf einmal habe ich andauernd ihre Stimme in meinem Kopf gehört, also das, was sie im Buch zu Billie sagt. Ich habe ein ganzes Notizbuch voll mit Marikas Worten.
Was war zuerst da: So ein Satz, eine Beobachtung, eine Figur?
Ich glaube, es war eine Mischung aus Gefühlen und Bildern. Ich bin ein sehr visueller Mensch, oft inspirieren mich Filme. Ich glaube daran, dass viele verschiedene Gefühle gleichzeitig in uns wohnen können und habe mich gefragt: Wie kann ich das literarisch ausdrücken? Melancholie direkt neben Euphorie, Lebensfrust neben Lebenslust, Einsamkeit neben Verbundenheit? Ich wollte wissen, wie sich diese Gleichzeitigkeit auswirkt: auf unseren Blick auf die Welt, auf uns selbst, auf die Menschen, die uns begegnen. Dann kamen schnell Billie und ihre Mutter ins Spiel. Die beiden leben in schwierigen Umständen, an denen sicher viele verzweifeln. Aber genau das tun die beiden eben nicht. Sie finden ihre eigenen Strategien, um sich das Leben schön zu machen: zum Beispiel wenigstens am Monatsanfang einen Eisbecher namens Paradise Garden essen.
Wie lange haben Sie an dem Buch gearbeitet?
Über den Stoff habe ich im Sommer 2019 zum ersten Mal nachgedacht, im September dann die erste Seite geschrieben, die Beerdigungsszene, so, wie sie auch jetzt im Buch steht. Im Februar 2021 habe ich meinen Sohn geboren und den Roman während meiner Elternzeit und der meines Mannes beendet. Meine Agentin konnte dann gut ein Jahr später, im April 2022, das fertige Manuskript verschicken.
Sie waren auch Fernstudentin bei der Textmanufaktur. Was hat Ihnen das für Ihr Schreiben gebracht?
Währenddessen habe ich an einem anderen Text gearbeitet, an einer Erzählung. Das Studium hat mir sehr viel Wissen vermittelt. Ich hole die Skripte immer wieder mal aus dem Schrank, um etwas nachzulesen, ein bestimmtes Thema zu vertiefen. Ich hatte einige Aha-Momente, ich erinnere mich zum Beispiel daran, gelesen zu haben: „Die Story ist nicht der Plot“. Bei der Arbeit an Paradise Garden habe ich mich zu Beginn ganz eng an den Skripten entlanggehangelt.
Gab es Punkte, wo Sie gedacht haben: Das wird eh nichts, ich schmeiße alles hin?
Damals, nach dem Abi, als ich Absagen aus Hildesheim und Leipzig bekommen habe. Dort kann man literarisches Schreiben studieren. Ich dachte: Mist, ich bin nicht gut genug, um Autorin zu werden., Wozu weitermachen. Habe ich dann ja auch erst einmal nicht. Aber dann habe ich mir ein paar Jahre später selbst versprochen, immer weiterzuschreiben, egal, was passiert. Daran habe ich mich gehalten und seitdem nicht mehr grundsätzlich am Schreiben gezweifelt. Ich hoffe natürlich, dass das so bleibt.
Was hat Ihnen im Schreibprozess besonders geholfen?
Freude und Disziplin. Und immer wieder loslassen.
Haben Sie noch einen Tipp für Autorinnen und Autoren, die gerade an ihrem Debüt arbeiten?
Lasst nicht zu, dass es um etwas anderes geht als um das Schreiben an sich, um den Prozess, um den Weg. Schreibt, was ihr schreiben wollt. Denkt nicht darüber nach, ob der Roman „erfolgreich“ werden könnte oder nicht, versucht, euer Schreiben nicht davon abhängig zu machen.
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