Im Lizenzgeschäft läuft viel über Vertrauen
Die Lizenzexpertin Inka Ihmels im Gespräch
Inka Ihmels, Lizenzexpertin bei Aufbau, spricht sie über Buchpitches und Buchhaltung, über internationale Messen und Überraschungserfolge.
Inka Ihmels, Sie sind bei Aufbau für Auslands-Lizenzen im Bereich Belletristik und Sachbuch zuständig. Was bedeutet das?
Ich betreue den Lizenzverkauf für sämtliche Inprints, die wir bei Aufbau führen. Bei der Belletristik reicht das Spektrum von sehr literarischen Titeln über moderne Klassik bis zu Unterhaltungsliteratur. Daher habe ich mit sehr vielen und zum Teil auch sehr unterschiedlichen Gesprächspartnern zu tun – vom siebzigjährigen italienischen Verleger und Doktor der Philosophie bis zur 28-järhigen Polin, die Sozialwissenschaften studiert hat und jetzt Unterhaltungsliteratur akquiriert. Das ist ein weites Feld und super spannend, aber auch anspruchsvoll.
Womit verbringen Sie im Arbeitsalltag die meiste Zeit?
Hier bei uns im Verlag sind die Aufgaben im Bereich Lizenzen sehr vielfältig. Ich halte die Kontakte zu Verlagen und Agenturen, schreibe Mailings und treffe meine Ansprechpartner auf den Messen. Aber ich setze auch Verträge auf, stelle Rechnungen und kümmere mich um die vorbereitende Buchhaltung. Neben dem eigentlichen Lizenzverkauf verbringe ich also auch viel Zeit mit organisatorischen und buchhalterischen Aufgaben.
Und was ist das Wichtigste bei Ihrer Arbeit?
Ich glaube, das Wichtigste ist, eine gute Story zu jedem Titel zu entwickeln, das Besondere herauszuarbeiten, sowohl mündlich als auch schriftlich. Es geht darum, mein Gegenüber davon zu überzeugen, dass es dieses Buch zu prüfen lohnt. Je nach Titel sind die Schwerpunkte, die ich dabei setzte, natürlich vollkommen unterschiedlich. Ich kann einen literarischen Titel ja nicht mit den gleichen Attributen pitchen wie eine romantische Komödie oder ein akademisches Sachbuch.
Läuft Ihr Kontakt immer direkt über den Verlag oder auch über Agenturen?
Beides ist wichtig. Für unsere bedeutendsten und größten Territorien haben wir langjährige Partnerschaften mit Agenturen, beispielsweise in Italien, Spanien, Frankreich, den Niederlanden, Rumänien und Polen. Trotzdem ist es mir wichtig, auch in diesen Ländern zu einigen Verlagen direkte Kontakte aufrechtzuerhalten, um präsenter zu sein.
Welche Rolle spielen für Sie die Buchmessen?
Im Lizenzgeschäft läuft viel über Vertrauen: Glaubt mir mein Gegenüber, dass meine Empfehlung zum Verlagsprogramm passt, sich ein Titel zu prüfen lohnt? Um Vertrauen zu schaffen, muss man sich direkt gegenübersitzen. Darum sind die Buchmessen wichtig. Wir haben uns mit Online-Meetings sehr gut über die Coronazeit gerettet, aber im vergangenen Jahr auch festgestellt, wie viel intensiver der direkte Austausch ist. Es sind ja nicht nur die offiziellen Treffen, sondern auch die Zufallsbegegnungen auf dem Flur, in der Toilettenschlage oder beim Abendessen. Was die verschiedenen Messen angeht: Die Frankfurter Buchmesse ist nach wie vor der größte Rechtehandelsplatz weltweit und die Londoner Buchmesse hat sich zu einer Art Frühjahres-Pendant entwickelt. Daneben gibt es viele kleine Messen, die eher für bestimmten Territorien relevant sind.
In welcher Sprache unterhalten Sie sich?
Einige internationale Verlagsleute sprechen ein ausgezeichnetes Deutsch. Ich spreche Spanisch, was für Kontakte in die spanischsprachige Welt von Vorteil ist. Alle anderen Gespräche führe ich auf Englisch. Dass Englisch die Hauptsprache im Lizenzgeschäft ist, zeigt sich auch bei den Materialien. Die werden allesamt auf Englisch verfasst, von den Info-Sheets bis zu Probeübersetzungen.
In welche Länder verkaufen Sie am häufigsten?
Wichtige Partnerländer sind zum Beispiel die Niederlande, aber auch Polen, Tschechien, Ungarn oder das Baltikum. Die englischsprachige Welt ist am schwierigsten zu beackern. Allgemein statistisch gesehen machen Übersetzungen dort nur einen sehr geringen Teil der Neuerscheinungen aus, in den USA beispielsweise nur drei Prozent. Davon kommt wiederum nur ein Bruchteil aus Deutschland. Der Verkauf in die englischsprachige Welt gelingt uns immer mal wieder bei sehr literarischen und bei Sachbuchtiteln, die oft auch eine Übersetzungsförderung vom Goethe-Institut bekommen. Aber das Gros unserer Lizenzen, insbesondere bei der Unterhaltungsliteratur, geht in andere Länder.
Was muss ein Buch mitbringen, damit es Chancen auf dem Auslandsmarkt hat?
Dass ein Roman großartig geschrieben ist, das reicht leider nicht mehr. Wichtig ist eine besondere Geschichte, ein Thema, das auch international interessant oder relevant ist. Wenn historische Personen vorkommen, müssen diese im jeweiligen Land bekannt sein. Wichtig sind außerdem die Verkaufszahlen und ein gutes Medienecho. Hier arbeite ich auch gern mit Instagram-Fotos und begeisterten Bloggerinnen-Stimmen. Es gibt aber auch Überraschungserfolge, beispielsweise, wenn sich eine litauische Übersetzerin und Musikredakteurin in einen musikalischen Krimi verliebt und den zu einem litauischen Verlag bringt.
Lohnt sich der Lizenzverkauf für die Autoren?
Die Vorschüsse sind in vielen Territorien nicht wahnsinnig hoch. Aber sobald mehrere Lizenzen verkauft sind und das Buch gut läuft, lohnt sich das finanziell. Darüber hinaus ist es für die Autoren auch einfach schön, wenn ihr Buch mehr und andere Leser erreicht und sie die fremdsprachigen Ausgaben in den Händen halten. Oft nehmen die ausländischen Verlage Kontakt auf; es gibt Interviewanfragen und manchmal auch die Möglichkeit, für eine Buchpremiere in das jeweilige Land zu reisen.
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