

»Oft war ich beim Schreiben
selbst überrascht.«
Passend zu den Baseler Buchwochen erscheint Saskia Lukas Roman »Lass uns noch bleiben« im Verlag Kein & Aber. Beim Empfang der Textmanufaktur in Basel wird die Autorin daraus lesen. Im Interview erzählt Saskia Luka, wie ihre Geschichten entstehen, warum der erste Buchvertrag völlig überraschend kam und was sie mit Kroatien verbindet.
Saskia, dein zweiter Roman »Lass uns noch bleiben« kommt in wenigen Wochen in die Buchläden. Einige Figuren aus deinem Debüt »Tag für Tag für Tag« tauchen darin wieder auf. Wie hängen beide Geschichten zusammen?
Es hat wohl eine Rolle gespielt, dass ich Maria sehr mochte, die Hauptfigur aus »Tag für Tag«. Ich wollte sie noch einmal wiedertreffen. Und mich hat interessiert, wie es ihrer Tochter Anna ergangen ist. Maria spielt im zweiten Buch eine Nebenrolle, Anna steht im Mittelpunkt. Sie ist von Süddeutschland nach Berlin gezogen und sucht ihren eigenen Weg.
Haben die beiden Figuren den Impuls für das zweite Buch gegeben?
Nein, überhaupt nicht. Eigentlich wollte ich über etwas anderes schreiben. Angefangen habe ich mit einer Figur, die auch jetzt im Buch vorkommt, aber die meiste Zeit abwesend ist. Mich hat interessiert, wie eine sehr intime Beziehung plötzlich enden kann, die andere Person überhaupt nicht mehr greifbar ist. Dass es dabei um Anna gehen wird, war zu Beginn gar nicht klar. Ich habe mir das nicht vorgenommen. Wie schon beim ersten Buch, hatte ich zu Beginn eine andere Intention.
»Zwischendrin dauerte es oft Tage oder sogar Wochen, bis ich wusste, was als nächstes passiert.«
Viele Autoren entwickeln ein Handlungsgerüst, bevor sie mit dem Schreiben beginnen. Du nicht?
Zum Thema Plotten habe ich viele gute Tipps bekommen, es auch mehrmals versucht. Aber in meiner Arbeit hat es bisher nicht funktioniert. Ich weiß beim Schreiben nicht, wie die Geschichte weitergeht. Bei »Tag für Tag« hatte ich einen starken ersten Satz, aus dem sich alles entwickelt hat. Aber zwischendrin dauerte es oft Tage oder sogar Wochen, bis ich wusste, was als nächstes passiert. Oft war ich davon selbst überrascht, zum Beispiel als eine Figur starb. Da war ich einen Nachmittag lang traurig.
Wie war es beim zweiten Buch?
Zu Anfang dachte ich: Nach dem ersten Buch weiß ich, wie es geht, dann bin ich Schriftstellerin und mache das einfach. Als ich mit dem zweiten Buch begonnen habe, waren diese Erfahrungen aber nicht mehr greifbar und ich musste ganz neu ins Schreiben finden. Es war eine unsichere Geschichte, der ich lange nicht über den Weg getraut habe, nicht wusste, ob daraus etwas werden kann. Rückblickend waren die Zweifel unbegründet, und ich sehe, dass ich dem Schreibprozess vertrauen kann.
Wie bist du zum Schreiben gekommen?
Ich habe immer viel geschrieben, Tagebücher und Notizbücher geführt. Als meine Kinder sehr klein waren, suchte ich nach einem Raum nur für mich, da hat das Schreiben eine Tür geöffnet. Während dieser Zeit habe ich online einen Schreibkurs belegt. Mich einzuloggen und an meinem Text zu arbeiten, wann es mir gerade passt – das hat mir damals sehr entsprochen. So ist eine Kurzgeschichte entstanden, von der ich nicht lassen konnte. Ich habe weiter daran gearbeitet, bis ein Roman daraus wurde.
»Ich schaue, wohin sich die Geschichte entwickelt, das macht es für mich interessanter und spannender.«
Einen Verlag zu finden, ist für Debütautoren schwierig – zumal einen so renommierten wie Kein & Aber. Wie ist das gelungen?
Das war eine große Überraschung. Ich hatte keine Agentur, habe das Manuskript einer guten Freundin gegeben. Die hat es weitergegeben. Als wir gerade nach Kroatien umgezogen waren, habe ich erfahren, dass Kein & Aber das Buch machen wird. Für mich war das der absolute Glücksfall, bei dem Verlag fühle ich mich sehr wohl. Es erscheinen jedes Jahr so viele Bücher, und trotzdem gibt es dort so viel Liebe und Begeisterung für jedes einzelne Buch, unabhängig davon, ob man noch ganz am Anfang steht oder bereits erfolgreich ist.
Mit deiner Familie lebst du seit sieben Jahren in Kroatien, wo auch deine Hauptfiguren ihre Wurzeln haben. Gibt es einen persönlichen Bezug zu dem Land?
Mein Mann ist in Deutschland geboren, aber seine Familie stammt aus Dalmatien. Einiges, was ich beim Zuhören erfahren habe, ist beim Schreiben eingeflossen, vor allem ins erste Buch. Es sind weniger konkrete Erlebnisse, eher Gefühle, die diese Erzählungen bei mir ausgelöst haben: eine gewisse Traurigkeit mit Blick auf den Krieg und die Erfahrungen von Gastarbeiterfamilien.
Derzeit arbeitest Du an Deinem dritten Buch. Wie geht es voran?
In Kroatien habe ich während des Winters mehr Zeit am Stück, um zu schreiben. Mein Mann und ich betreiben dort ein Restaurant und eine Bar, das ist ein Saisongeschäft. Was den Schreibprozess angeht, merke ich: Es ist wieder anders als beim ersten und auch als beim zweiten Buch. Ich habe viele unterschiedliche Szenen, wie Inseln, und weiß noch nicht, wie ich sie später zusammenführe. Ich schaue, wohin sich die Geschichte entwickelt, das macht es für mich interessanter und spannender.
28.10.25

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