Wir haben keine B- und C-Autoren
Die Verlagsprogrammleiterin Sandra Thoms im Gespräch
Sandra Thoms, Geschäftsführerin der Bedey und Thoms Media GmbH, über das Büchermachen in Kleinverlagen und den besonderen Draht zu ihren Autorinnen und Autoren.
17 Klein- und Kleinstverlage gehören zur Bedey und Thoms Media GmbH. Sandra Thoms, wie ist diese besondere Verlagsgruppe entstanden?
Das hat sich aus der Zusammenarbeit von Björn Bedey und mir ergeben, wir sind beide schon lange als Verleger aktiv. Für Kleinstverlage sind die Möglichkeiten des Wachstums begrenzt, darum haben Björn Bedey und ich uns zu einer Fusion entschieden. Seit 2019 führen wir unsere Verlage gemeinsam und können viele Synergieeffekte nutzen. Dann kamen immer wieder Kolleginnen und Kollegen auf uns zu, die selbst kleine Verlage hatten und diese abgeben wollten. So ist die Gruppe weitergewachsen. Um unser Profil zu schärfen, haben wir unsere Imprints durchsortiert und gesagt: Jedes steht für ein spezielles Genre, einen speziellen Ansatz. Damit alle wissen: Wenn ich Lust auf viktorianische Krimis habe, bin ich bei Dryas richtig, Fantasy finde ich bei Lindwurm und so weiter. Außerdem haben wir Titel zwischen den Verlagsprogrammen hin- und hergeschoben, haben viel umgebaut – und sind noch dabei.
Sie arbeiten in Frankfurt, Björn Bedey in Hamburg. Außerdem sitzen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Mannheim und Mühlheim. Wie funktioniert das?
Eigentlich so, wie momentan durch Corona das Arbeiten überall funktioniert. Home-Office, externe Büros, Videokonferenzen: All das haben wir praktisch schon vorweggenommen und mussten uns jetzt nicht besonders umstellen. Von Zeit zu Zeit reisen wir natürlich auch hin- und her, um uns persönlich zu treffen. Das wird hoffentlich bald wieder besser möglich sein.
Lektorat, Herstellung, Vertrieb, Presse – all diese Arbeitsbereiche gibt es bei Ihnen auch. Sind die Abläufe anders als in einem großen Verlag?
Weil das Unternehmen insgesamt kleiner ist, sind für jeden einzelnen Bereich weniger Personen zuständig. Die Verzahnung von Marketing, Vertrieb und der Programmleitung ist deutlich enger als ich das oft in größeren Verlagen erlebt habe. Wir können direkter und schneller reagieren, weil wir intern kürzere Wege haben und eine Anfrage nicht über fünf Schreibtische läuft. Unsere Programmleitungen betreuen ein Buch jeweils von A bis Z und können darum sehr gut auf die Wünsche der Autorin oder des Autors eingehen. Auch in Gestaltung unseres Programms sind wir flexibler, beispielsweise wenn noch ein aktueller Titel hinein soll.
Viele Autorinnen und Autoren befürchten, dass Ihr Buch in einem kleinen Verlag schlechter betreut wird, weil das Budget niedriger ist.
Wir können Bücher nur dann sinnvoll vermarkten und vertreiben, wenn die Qualität stimmt. Darum bekommt bei uns jedes Buch natürlich ein klassisches Lektorat und – was uns auch sehr wichtig ist – ein Korrektorat. Einige Bücher lektorieren wir intern, andere werden von externen Lektorinnen und Lektoren betreut. Auch im Marketing und Vertrieb haben wir sehr bewusst eigene Arbeitsbereiche geschaffen. Bei uns ist jeweils eine Person für Marketing beziehungsweise für Vertrieb zuständig ist und wird von weiteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterstützt. Außerdem ist beim Marketing und dem Vertrieb immer der ganze Verlag mit eingespannt, die Maßnahmen werden intern gut abgestimmt.
Und wie sieht mit den Autorenhonoraren aus?
Wir halten uns da an die Standardkonditionen, die auch große Verlage bieten. Was wir als kleiner Verlag allerdings nicht leisten können, ist ein Vorschuss auf das Honorar.
Die meisten Debütanten schielen auf die großen Verlagshäuser. Hat es auch Vorteile, in einem kleinen Verlag zu veröffentlichen?
Wir haben keine B- und C-Autoren, das können wir uns gar nicht erlauben. Die meisten großen Verlage unterscheiden zwischen A-Autoren, die Spitzentitel produzieren und mit viel Marketing unterstützt werden, B-Autoren mit kleinerem Marketing-Budget und C-Autoren, die einfach so mitlaufen. Bei uns gibt es nur A-Autoren, alle unsere Autorinnen und Autoren werden gepusht. Sonst würde es sich für uns nicht lohnen, das Buch überhaupt zu machen. Ich denke, dass wir für unsere Autorinnen und Autoren mehr tun, als große Verlage für ihre C-Autoren und oft auch für ihre B-Autoren machen. Außerdem sind wir als kleiner Verlag nicht ganz so vielen Zwängen unterworfen wie die großen Häuser. Wir vertreiben vieles direkt über Messen und Conventions. Das gibt uns mehr Freiheiten, auch unkonventionelle Bücher an die Leserinnen und Leser zu bringen, die nicht dem Mainstream entsprechen.
Was braucht ein Manuskript, um bei Ihnen eine Chance zu haben?
Das Wichtigste ist erstmal: Das Handwerk muss stimmen. Wir sind durchaus bereit, mit den Schreibenden an ihren Manuskripten zu arbeiten. Grundlegendes Wissen darüber, wie man einen Text aufbaut, was beispielsweise eine Erzählperspektive ist, sollten aber vorhanden sein. Eine korrekte Grammatik und einigermaßen richtige Orthographie sind ebenfalls wichtig. Und natürlich sollte man erstmal schauen, ob das eigene Manuskript zum Profil eines unserer Verlage passt. Wir können nur Bücher machen, die den von uns veröffentlichen Genres entsprechen. Für andere Genres haben wir gar nicht die Marketing- und Vertriebswege.
Wie können sich Autorinnen und Autoren bei Ihnen bewerben?
Wir arbeiten mit Agenturen zusammen, bekommen aber auch viele Direktbewerbungen, beides ist also möglich. Und, was vielleicht auch etwas Besonderes ist: Bei uns werden wirklich alle Manuskripte angeschaut und geprüft, in der Regel nicht nur von einer Person. Das heißt: Jede Autorin und jeder Autor erhält von uns eine Antwort, und auch eine Absage ist immer wohldurchdacht.
Das hört sich nach viel Arbeit an, die Sie nicht unbedingt bezahlt bekommen …
Ich denke, die Arbeit in einem kleinen Verlag wie bei uns ist schon in vielen Punkten eine ideelle Sache. Wir arbeiten gerne mit Büchern, wir arbeiten gern mit Texten, mit Autorinnen und Autoren. Wenn das nicht so wäre, würde sich das Ganze nicht lohnen. Da würden wir in so ziemlich jeder anderen Branche mehr Geld verdienen.
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