»Verrückte Ideen – das geht nur im Kinderbuch«
Autorin Smilla Blau im Gespräch
Smilla Blau liebt es, für Kinder zu schreiben. Im Interview erzählt sie, worauf es dabei ankommt, wie ihr Debüt über ein erkältetes Rentier entstanden ist und welche Rolle die Textmanufaktur dabei spielte.
Smilla Blau, aktuell ist Ihr erstes Kinderbuch im Fischer Sauerländer-Verlag erschienen: »Es niest ein Rentier vor der Tür«. Die fünfjährige Frieda soll das erkältete Rentier des Weihnachtsmanns gesund pflegen – und das führt zu einem großen Durcheinander. Wie sind Sie auf die Idee zu dem Buch gekommen?
Mein damals 14-jähriger Sohn meinte, ich solle doch mal eine Geschichte über ein Rentier schreiben. Die Idee fand ich witzig und habe natürlich sofort an Rudolf mit der roten Nase gedacht. Wie Frieda und ihr Arztkoffer dazukamen, weiß ich nicht mehr genau. Vielleicht, weil ich als Kind selbst einen Arztkoffer hatte, wie wohl die meisten. Dann sprudelten die Ideen.
Wie lange schreiben Sie schon?
Noch gar nicht so lange, seit 2016. Viele haben ja schon als Kind Tagebuch geschrieben oder kleine Geschichten – ich nicht. Vor acht Jahren hatte ich eine blöde Zeit, mit Schulterproblemen und viel Stress im Beruf. Da wollte ich etwas nur für mich tun, wusste aber nicht so genau, was. Weil ich meine Zeit wahnsinnig gern in Kinderbuchabteilungen verbringe, bin ich aufs Schreiben für Kinder gekommen. Beim Stöbern habe ich Sylvia Englerts »Handbuch für Kinder- und Jugendbuchautoren« entdeckt und daraufhin ein Seminar bei ihr belegt. Über sie bin ich schließlich auch beim Fernstudium der Textmanufaktur gelandet. Aus einem anderen Textmanufaktur-Kurs ist meine Schreibgruppe entstanden, die für mich inzwischen total wichtig ist.
Welche Rolle spielt der Austausch mit anderen Schreibenden für Sie?
Eine große Rolle. Sich gegenseitig Feedback zu geben, hilft mir sehr weiter. Meine Schreibkolleginnen ermutigen mich immer wieder. Und auch Sylvia Englert, die im Fernstudium meine Lektorin war, hat mir viel Mut gemacht. Ohne sie hätte ich vielleicht gar nicht weitergeschrieben.
Ist die Geschichte vom Rentier schon während des Fernstudiums entstanden?
Da habe ich an einem anderen Kinderbuch gearbeitet, für das ich eine Agentur aber letztlich leider keinen Verlag gefunden habe. »Es niest ein Rentier vor der Tür« habe ich später geschrieben, aber auch daran war die Textmanufaktur nicht unwesentlich beteiligt. Ich hatte die ersten Seiten an zwei Schreibfreundinnen geschickt. Und die fanden, ich solle mich für die »Masterclass Kinder- und Jugendbuch« bewerben. Eigentlich war ich zu der Zeit ziemlich gestresst und wollte die bevorstehenden Weihnachtstage ganz in Ruhe verbringen, mich um gar nichts kümmern. Aber meine Freundinnen haben nicht locker gelassen, bis ich meine Bewerbung abgeschickt habe. Es hat dann tatsächlich geklappt, und ich habe die Geschichte während der Masterclass fertig geschrieben.
Warum schreiben Sie für Kinder?
Kinderbücher sind so viel hoffnungsfroher als viele Romane für Erwachsene, das gefällt mir. Ich mag verrückte Ideen und schreibe gern über schräge Tiere. Ein Rentier mit Schnupfen, das die Toilette verstopft – das geht nur im Kinderbuch.
Für viele sind Kinderbücher gar keine richtige Literatur. Ist es einfacher für Kinder zu schreiben als für Erwachsene?
Nein, das glaube ich nicht. Kinder sind sehr anspruchsvoll, sie dulden keine Ausschweifungen. Man muss auf den Punkt kommen, sonst hören sie nicht mehr zu oder legen das Buch weg. Statt sich zum Beispiel in Landschaftsbeschreibungen zu verlieren, sollte man sich aufs Wesentliche beschränken. Zu verstehen, was in die Geschichte hineingehört und was ich besser weglasse, das war schon ein langer Weg – und auch jetzt bin ich immer wieder froh über das Feedback meiner Lektorin.
Was war beim Schreiben Ihres Debüts besonders schwierig?
Die witzigen Szenen und die Situationskomik fallen mir leicht, da hätte ich ewig weiterschreiben können. Aber so ein Buch braucht ja auch einen Spannungsbogen. Den Plot zu straffen ist mir schon schwergefallen. Außerdem habe ich lange überlegt, wie alt Frieda sein soll. Wenn Kinder sich einen Arztkoffer wünschen, sind sie ja oft erst drei oder vier. Aber das erschien mir zu jung. Darum bekommt Frieda ihn mit fünf Jahren zu Weihnachten.
Hat Ihre Lektorin an der Geschichte noch viel geändert?
Das waren nur noch Kleinigkeiten. Beim zweiten Buch, an dem ich bereits arbeite, war meine Lektorin von Anfang an involviert. Ich bin froh über ihr Feedback, zum Beispiel zur Erzählperspektive. Diesmal wird es eine Ich-Erzählung aus Sicht eines zehnjährigen Jungen. Da achtet sie sehr darauf, dass ich nicht ins Schwafeln komme, damit es wirklich eine coole Ich-Perspektive wird.