Im Roman kann ich ausgiebiger erzählen
Die Autorin Wiete Lenk im Gespräch
Bisher hat Wiete Lenk Kurzgeschichten veröffentlicht. Nun ist ihr erster Roman erschienen, eine Familiensaga, die im Erzgebirge spielt. Was sie dazu inspiriert hat, warum die lange Form auch herausfordernd war und wie sie einen Verlag gefunden hat, das erzählt die Autorin im Interview.
Wiete Lenk, in diesem Herbst ist Ihr erster Roman „Zwischen den Zeiten leuchtet der Schnee“ erschienen, vorher haben Sie bereits mehrere Bände mit Kurzgeschichten veröffentlicht. Was war der Anlass, von der kurzen zur langen Form zu wechseln?
Es war das Sujet. Die generationenübergreifende Geschichte einer Familie hat ganz klar nach dem Genre des Romans verlangt. Kurzgeschichten warten mit wesentlich weniger Personen und Zeitabschnitten auf. Im Roman kann ich mehr und ausgiebiger erzählen, ein kleines bisschen geschwätzig sein. Ab und zu auch mal ins Beschreibende verfallen und den Hintergrund beleuchten.
Gab es dabei auch besondere Stolpersteine?
Jede Menge! Die Recherchearbeit zum Beispiel, die habe ich zunächst total unterschätzt. Aufwändig wurde es vor allem, weil ich als Autorin in eine Zeit eintauche, die ich nicht selbst erlebt habe. Und dann die Figuren: Im Roman sind es ja wesentlich mehr als in einer Kurzgeschichte. Da musste ich schon aufpassen, dass ich meinen Protagonisten stets dieselben Eigenschaften, dasselbe Aussehen verpasse. Es ist also insgesamt wichtig, genau zu planen. Bei der Kurzgeschichte kann vieles spontaner sein. Ein Stolperstein beim Romanschreiben ist auch der viel größere Korrekturaufwand. Wenn ich zum Beispiel den Namen einer Person ändere, muss ich das zwangsläufig in allen Kapiteln tun. Das braucht Zeit.
Ihr Roman erzählt die Geschichte einer Fabrikantenfamilie im Erzgebirge mit historischen Rückblenden. Was war der Anstoß für dieses Thema und das Setting?
Auch wenn es sich um eine fiktive Familie handelt, gibt es doch einige autobiografisch geprägte Assoziationen dazu. Die Eltern meines Vaters stammten beide aus dem Erzgebirge. Dort ist neben Bergbau und Schnitzkunst auch die Posamentenindustrie beheimatet. Posamenten, das sind Zierbänder, Borten, Kordeln, Litzen, Volants. Als Kind habe ich die Ohren gespitzt, wenn meine Großeltern von der früheren Zeit erzählten. Tatsächlich gab es auch eine Fabrik, und so manche spannende Begebenheit. Das heißt: reichlich Stoff für einen Roman!
Sie arbeiten als Autorin, Dozentin und Lektorin. Selbst schreiben und andere beim Schreiben begleiten – ist das für Sie ein Traumberuf?
Ich habe schon als Kind gern geschrieben, eigene Geschichten verfasst und anderen vorgelesen. Für mich ist die Sprache ein unverzichtbares Lebensmittel! Eigene Schreibkurse gebe ich seit mehr als zehn Jahren. Andere vom Schreiben zu begeistern, das ist für mich immer wieder eine Bereicherung. Also ja – mein Traumberuf!
Sie waren Stewardess, haben Betriebswirtschaft studiert. Ist das Schreiben und die Arbeit mit Literatur inzwischen Ihr Hauptberuf oder fahren Sie mehrgleisig, wie ja viele Autorinnen und Autoren?
Zunächst bin ich tatsächlich noch mehrgleisig unterwegs gewesen. Nach meinem Studium für Biografisches und Kreatives Schreiben ist es dann zum Hauptberuf geworden. Auch in den Kursen der Textmanufaktur habe ich an meinen Kurzgeschichten gearbeitet und für meinen Roman erste unverzichtbare Stimuli mitgenommen.
Ihr Roman ist in dem unabhängigen Gmeiner Verlag erschienen. Wie ist der Kontakt entstanden?
Klingt jetzt etwas einfach: Ich habe mich mit meinem Exposé und einer Leseprobe beworben und eine Zusage erhalten. Ich habe mich natürlich sehr, sehr gefreut.
Auch Ihre Kurzgeschichten haben Sie in eher kleinen Verlagen veröffentlicht. Können Sie das anderen Autorinnen und Autoren empfehlen, die nach einem Verlag suchen?
Das sag ich auch immer in meinen Schreibkursen: Die Suche nach einem geeigneten Verlag ist ein langer, steiniger Weg. Kleinere Verlage, sogenannte Independent-Verlage, sind mitunter aufgeschlossener für neue Autorinnen und Autoren, für innovative Texte. Man kommt schneller ins Kommunizieren. Andererseits ist das Kontingent kleiner Verlage oft begrenzt. Hier sind größere Verlage natürlich besser aufgestellt. Deren Türklinke ist allerdings auch schwerer herunterzudrücken.
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